Bei einer Eheschließung wird selten auch an das mögliche Ende der Ehe, den Scheidungs- oder gar den Todesfall gedacht. Zu heiraten oder eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen, bringt allerdings weitreichende Folgen für diese Fälle mit sich. Hierzu zählen die Fragen, ob eine während der Ehe erhaltene Erbschaft nach der Scheidung aufgeteilt werden muss und ob ein Ehegattentestament auch nach der Scheidung weiterhin gültig ist. Im Folgenden erhalten Sie einen kurzen Überblick über das Thema und die wichtigsten Implikationen. Gerne berate ich Sie als Anwalt für Erbrecht umfassend und kompetent zu Ihrem individuellen Fall.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wichtigste in Kürze
- Erbschaften während der Ehe: Rechtliche Einordnung
- Erbschaften nach der Trennung: Auswirkungen und Ansprüche
- Strategien und Vorsorge: Umgang mit Erbschaften im Scheidungsfall
- Unterstützung mit Kompetenz in Erbrecht
Das Wichtigste in Kürze
- Was während einer Ehe im Güterstand der Zugewinngemeinschaft geerbt wird, wird beim Zugewinnausgleich bei einer Scheidung nicht eingerechnet.
- Ein Ehegattentestament wird mit der Zustellung des Scheidungsantrags durch das Gericht üblicherweise ungültig.
- Auch das gesetzliche Ehegattenerbrecht gilt im Fall einer rechtskräftigen Ehescheidung nicht mehr.
Erbschaften während der Ehe: Rechtliche Einordnung
Bei einer Eheschließung ohne Ehevertrag treten die Eheleute üblicherweise in eine Zugewinngemeinschaft ein. In diesem Fall wird der während der Ehe erwirtschaftete Zugewinn bei einer Scheidung ausgeglichen. Dieser Zugewinn berechnet sich aus der Differenz des individuellen Anfangsvermögen der Eheleute zu Beginn der Ehe und ihres Endvermögens zum Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes. Erbt man während der Ehe, wird der geerbte Betrag allerdings als privilegierter Erwerb sowohl zum Anfangs- als auch zum Endvermögen zugerechnet und fällt somit aus dem Zugewinnausgleich heraus.
Nur die möglicherweise aus dem Nachlass entstandenen Früchte würden dem Zugewinn zugerechnet. Dazu zählen beispielsweise Mieteinnahmen und Wertsteigerung aus geerbten Immobilien sowie Zinseinnahmen, wenn geerbtes Geld angelegt wurde. Anders sieht es aus, wenn im Rahmen eines Ehevertrags eine Gütergemeinschaft vereinbart wurde. Dann zählt das gesamte Vermögen beider Eheleute zum Gesamtgut und wird entsprechend bei einer Scheidung hälftig aufgeteilt. Dies würde einen möglicherweise während der Ehe erhaltenen Nachlass mit umfassen.
Für das Vererben ohne Testament während der Ehe gilt das Ehegattenerbrecht mit der gesetzlichen Erbfolge. Was der Ehegatte oder die Ehegattin erbt, hängt hierbei von der Art des Güterstands, wie Zugewinn- oder Gütergemeinschaft, ab. Im verbreiteten Fall der Zugewinngemeinschaft erhält der Ehegatte oder die Ehegattin, wenn es auch Kinder gibt, einen allgemeinen Erbteil in Höhe von einem Viertel des Nachlasses sowie einen pauschalen Zugewinnausgleich in Höhe von einem weiteren Viertel des Nachlasses. Sind weder Kinder noch Enkel und Enkelinnen noch Eltern, Geschwister, Neffen, Nichten oder Großeltern vorhanden, erbt der Ehegatte oder die Ehegattin allein. Oft wird allerdings ein Ehegattentestament aufgesetzt, in dem geregelt ist, was im Falle des Todes eines oder beider Eheleute geschieht. Ein gebräuchliches Beispiel hierfür ist das Berliner Testament, in dem sich die Eheleute zunächst gegenseitig und mit dem Tod des überlebenden Ehegatten oder der überlebenden Ehegattin die gemeinsamen Kinder zu Erben und Erbinnen berufen.
Erbschaften nach der Trennung: Auswirkungen und Ansprüche
Auf eine während der Ehe erhaltene Erbschaft hat der andere Ehepartner oder -partner nach einer Trennung häufig keine Ansprüche. Endet die Ehe, greifen die oben geschilderten rechtlichen Regelungen zum Zugewinnausgleich. Eine Ausnahme wäre beispielsweise, wenn geerbtes Geld in ein in gemeinsamem Besitz befindliches Haus investiert wurde. Größere Auswirkungen kann eine Trennung auch haben, wenn eine Gütergemeinschaft vereinbart wurde und daher das gesamte gemeinschaftliche Vermögen, inklusive dem Nachlass, den ein Ehegatte oder eine Ehegattin erhalten hat, aufgeteilt wird. Die Aufteilung erfolgt nach der vollzogenen Scheidung.
Wenn man selbst vererbt, dann wirkt sich eine Trennung aber unter Umständen sogar schon vor der vollzogenen Scheidung auf die Aufteilung des Nachlasses aus. Hierfür ist die Rechtshängigkeit der Scheidung maßgeblich, also die Zustellung des Scheidungsantrags durch das Gericht. Diese muss bereits vor dem Erbfall erfolgt sein. Ab diesem Moment ist das Ehegattenerbrecht ausgeschlossen und üblicherweise ist dann auch ein eventuelles Ehegattentestament unwirksam. Der geschiedene Ehegatte bzw. die geschiedene Ehegattin erbt also nichts mehr, da keine Grundlage mehr besteht. Wichtig zu beachten ist, dass es hierfür nicht ausreicht, lediglich getrennt zu leben.
Will sich ein Ehegatte oder eine Ehegattin schon vor einem Scheidungsverfahren von einem gemeinschaftlichen Testament lösen, kann er oder sie dies durch einen Widerruf in notariell beurkundeter Form tun.
Strategien und Vorsorge: Umgang mit Erbschaften im Scheidungsfall
Im Zusammenhang mit einer Scheidung sollte auch geprüft werden, welche möglichen Konsequenzen ein während der Ehe erstelltes Testament hat. Nach § 2268 Abs. 2 BGB kann ein Ehegattentestament nämlich auch nach einer Scheidung wirksam bleiben, wenn sich ein sogenannter Fortgeltungswille feststellen lässt, also davon ausgegangen werden kann, dass eine fortgesetzte Gültigkeit dem Wunsch des Erblassers oder der Erblasserin entspräche. Um Unklarheiten in dieser Hinsicht vorzubeugen, ist es empfehlenswert, gegebenenfalls bereits bei der Erstellung des Ehegattentestaments eine Klarstellung dazu einzufügen, dass dies nicht gewünscht ist.
Darüber hinaus kann es passieren, dass der Ehegatte oder die Ehegattin, der bzw. die die Scheidung beantragt hat, den Scheidungsantrag zurückzieht. Geschieht dies vor dem Erbfall, dann liegen die Scheidungsvoraussetzungen nicht mehr vor und das Ehegattenerbrecht beziehungsweise das Ehegattentestament gelten weiter. Einer solchen Situation lässt sich vorbeugen, indem selbst ein Scheidungsantrag gestellt wird.
Nicht zuletzt besteht auch die Möglichkeit, dass der geschiedene Ehegatte bzw. Ehegattin mit Umweg über die gemeinsamen Kinder doch noch etwas vom eigenen Vermögen erbt. Wird etwa einem gemeinsamen Kind ein Haus hinterlassen und das Kind verstirbt selbst, hätte der geschiedene Ehegatte bzw. die Ehegattin als Elternteil des Kindes unter Umständen Erbansprüche. Mit einem Geschiedenentestament kann solchen Ansprüchen vorgebeugt werden, um den geschiedenen Ehegatten oder die geschiedene Ehegattin dauerhaft auszuschließen. Das Geschiedenentestament enthält dann beispielsweise eine Vor- und Nacherbschaft oder eine Vermächtnislösung.
Unterstützung mit Kompetenz in Erbrecht
Wird im Zusammenhang mit einer Ehe beziehungsweise eingetragenen Lebenspartnerschaft geerbt oder vererbt, hat dies sowohl familienrechtliche als auch erbrechtliche Implikationen. Daher kann es sinnvoll sein, einen erfahrenen Anwalt oder Anwältin für Erbrecht zu konsultieren. Gerne berate ich Sie eingehend zu Ihrer Situation, prüfe Ihren Ehevertrag unter erbrechtlichen Gesichtspunkten oder erstelle gemeinsam mit Ihnen ein Ehegatten- beziehungsweise Geschiedenentestament.